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p.eng || Texte wie aus der Pistole geschossen | Popkultur | Persönlichkeiten | Journalismus
petrina.tv

Manchmal schüttle ich den Kopf. Die Frisur bietet sich dafür ja an. Ebenso durchgeschüttelt sind diese Texte über Dinge, die mir begegnet sind.

Petra Engelke

p.eng | by DENNIS YENMEZ

balken weiß | by HERR TESKE

Ex

Er steht unschlüssig da, nestelt an seiner Tasche, setzt sich schließlich neben mich, obwohl genug andere Plätze frei sind, und sagt: "Hi." Ich sage auch "hi" und schaue wieder nach draußen. Mit einer auffallend weichen Stimme sagt er:

"I was trying to get your attention."

"What for?", frage ich.

Er lächelt und sagt nichts. Und noch bevor ich seinen Namen weiß, hat er mir erzählt, dass er zwei Jahre im Gefängnis war, also zwei Jahre seines Lebens verloren hat. Zehn Jahre ist das jetzt her.

Ich frage ihn, ob er meint, inzwischen etwas von der verlorenen Zeit aufgeholt zu haben.

Er lächelt und sagt nichts.

Peter war mir vorher schon aufgefallen, und meine innere Antenne hatte mir deutlich gefunkt: Halt dich bloß von dem Typen fern. Er trägt eine riesengroße, weite, fast knielange weiße Daunenweste. ein Tuch so um die Kappe gewickelt, dass an einer Seite ein Zipfel hochsteht, als wäre er nicht ganz fertig geworden, und natürlich eine dieser viel zu großen Brillen. Mein Alarmsystem hat seine Körperhaltung registriert als die eines Menschen, der auf harten Drogen ist oder geisteskrank oder aus sonstigen Gründen neben sich steht. Jetzt sitzt er neben mir.

Nachdem Peter gemutmaßt hat, dass ich Lehrerin oder Anwältin sei, frage ich höflich, was er denn so beruflich macht.

"I don't sell drugs", sagt Peter. "I was a drug dealer."

Ich ertappe mich bei dem Gedanken, dass Ex-Knackis vielleicht wie Ex-Junkies sind: Sie müssen die ganze Zeit darüber reden, wie lange sie jetzt schon clean sind, und ich glaube ihnen kein Wort. Er sagt, er arbeite im Moment gar nicht (er hat noch Geld - woher, bleibt im Dunkeln), suche die Liebe seines Lebens. Er guckt traurig, als er mir tapfer versichert, dass es für jeden Menschen irgendwo jemand Besonderen gibt, und beim nächsten Gedankensprung sagt er den Dritten Weltkrieg voraus. Alles mit großer Selbstverständlichkeit und einer Stimme, die sich wie ein Angoraschal anfühlt. Und mit Aussetzern, die mich überlegen lassen, ob er nun stoned ist oder eher unter Folgeschäden zu leiden hat.

MEHR UNSINN!