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p.eng || Texte wie aus der Pistole geschossen | Popkultur | Persönlichkeiten | Journalismus
petrina.tv

Manchmal schüttle ich den Kopf. Die Frisur bietet sich dafür ja an. Ebenso durchgeschüttelt sind diese Texte über Dinge, die mir begegnet sind.

Petra Engelke

p.eng | by DENNIS YENMEZ

balken weiß | by HERR TESKE

Ich glotz TV

Es hat geklingelt, und jetzt kommt ein fremder Mann. Ein Vertreter kann es nicht sein. Er hat noch nichts gesagt. Vertreter grinsen auch mehr. Und die Zeugen Jehovas kommen zu zweit. Er stellt sich nicht vor. Aber eine Frage hat er. "Können Sie fernsehen?" Das ist ja beinahe eine religiöse Frage, denke ich. Oder der Nachfolger von "Haben Sie etwas gegen ehemalige Strafgefangene?" Eben überlege ich, ob er mir vielleicht bloß ein Zeitschriftenabonnement verkaufen will. Da stellt er sich als neuer Nachbar vor. Vom Hinterhof. Und er könne nicht mehr fernsehen, die Leute nebenan auch nicht. Es ginge nicht mehr. Schon seit zwei oder drei Tagen. Ich denke daran, ihm die Nummer eines Therapeuten aus dem Telefonbuch zu notieren. Der Bildschirm bliebe schwarz, es sei vielleicht irgendwas mit dem Kabel, da war doch auch der Elektriker im Keller neulich. Ob ich denn… Ich überlege kurz und erschrecke darüber, dass ich nachdenken muss, ob ich gestern Abend ferngesehen habe. Aber vorgestern bestimmt. Ich schaue nicht mehr so regelmäßig. Ob ich mir Gedanken über unsere Beziehung machen muss, denke ich, als ich den Fernseher zur Probe anschalte. Läuft. Puh. Dann ist zwischen uns ja alles in Ordnung. Dem Nachbarn, dessen Namen ich nicht erfahre, ist damit nicht geholfen. Wenigstens weiß er, an welchem Kabelpunkt der Fehler nicht liegen kann. Vermutlich fragt er anderswo weiter: Können Sie fernsehen? Während ich die Tür schließe, stelle ich mir vor, wie man fernsehen lernt. Technik ist nur ein Fach unter vielen, es ist alles ganz pädagogisch. Auf dem Lehrplan steht die aktive Auseinandersetzung mit dem Medium. Zum Abschluss entwickelt man philosophische Fragen anhand einer Folge des Morgenmagazins und wird in Gesprächskreise überwiesen. Alles hat einen Sinn, und niemand kann mehr ein Gemetzel oder Gekalauer anschauen, ohne das Gesehene in Struktur, Bildsprache und Kontext zu erfassen. Alles ist hübsch geordnet und furchtbar anstrengend. Und alle können fernsehen.

MEHR UNSINN!